Warum sagen wir Nein zur AöR?

13. September 2023

Positionspapier

zur Gründung des Stadtentwicklungsbetriebes

Was wird geplant?

Die Ratsmehrheit möchte zum 1.1.2024 einen Stadtentwicklungsbetieb (SEB) als Anstalt öffentlichen Rechts (AöR) in Erftstadt gründen. Sie soll insbesondere „Erwerb, Verwaltung, Belastung, Verpachtung und Veräußerung von Vermögensgegenständen jeder Art sowie Baulanderschließung für Wohnungs- und Gewerbebau sowie Baulandbevorratung“, also in erster Linie Grundstücksgeschäfte, für die Stadt Erftstadt übernehmen. Zu diesem Zweck werden ihr zunächst insgesamt 139 Grundstücke übertragen, die derzeit im Besitz der Stadt Erftstadt oder des Eigenbetriebs Immobilien sind.

 

Was verspricht sich die Verwaltung von dem Stadtentwicklungsbetrieb?

Hierzu ein Auszug aus der öffentlichen Vorlage. Es scheint, die Bürgermeisterin und die Ratsmehrheit hätten die Konsolidierung der städtischen Finanzen aufgegeben. Man bereitet sich auf den Nothaushalt vor:

„1. Als eigenständige Rechtspersönlichkeit unterliegt die AöR nicht den aufsichtsrechtlichen Restriktionen im Falle einer Haushaltssicherung oder gar im Nothaushaltsrecht. 

2. Für den Kernhaushalt ist davon auszugehen, dass ein Haushaltsausgleich in den nächsten Jahren nur unter weiterer Inanspruchnahme der Allgemeinen Rücklage (Eigenkapital) möglich sein wird. Dabei ist darauf zu achten, dass die Eigenkapitalabschmelzung an zwei aufeinanderfolgenden Jahren die Grenze von 5 % nicht überschreitet. Mögliche Gewinnrücklagen der AöR können zur Einhaltung dieses Ziels für den Kernhaushalt „passgenau“ herangezogen werden. 

3. Die Auslagerung der administrativen Aufgaben des Wiederaufbaus ist die einzige Möglichkeit, eine Refinanzierung der Personalkosten über den Wiederaufbaufonds zu erhalten. 

4. Durch die in Teilen vorgesehene Personalüberleitung erfolgt eine Entlastung des Kernhaushaltes sowie des Wirtschaftsplanes des Eigenbetriebes Immobilien in Höhe von rd. 1 Mio. €.“ 

Sind die Argumente überzeugend?

Wir sagen nein. Es geht offensichtlich nur noch darum, irgendwie über den Zeitpunkt der Kommunalwahl 2025 hinaus handlungsfähig zu bleiben, koste es was es wolle. Es wird eine Zweiklassengesellschaft geschaffen. Auf der einen Seite die AöR und auf der anderen Seite der dahinsiechende Eigenbetrieb Immobilien und die Kernverwaltung. Alles was Geld bringen kann, wird in die AöR geschoben. Der Hinweis, dass die Kenrverwaltung und der Immobilienbetrieb um Kosten von 1 Mio € entlastet wird, ist vollkommen irreführend. Denn gleichzeitig werden dem Eigenbetrieb Immobilien laut Finanzplanungszeitraum des letzten Wirtschaftsplans 6.6 Mio € Erträge entzogen. Die AöR entzieht dem Eigenbetrieb Immobilien die Geschäftsgrundlage. Dies ist ein schlechtes Geschäft für die Kernverwaltung, denn die hohen Verluste des Eigenbetriebs müssen entweder aus dem Kernhaushalt oder zeitversetzt in der Folge über einen sinkenden Beteiligungswert in der städtischen Bilanz ausgeglichen werden. Hierdurch wird das städtische Eigenkapital, welches in der jüngsten Vergangenheit schon von der Gemeindeprüfungsanstalt kritisch betrachtet wurde, weiter abgeschmolzen. 

Es kommt noch schlimmer

Es werden im Vergleich zur bisherigen Lösung – beispielsweise durch die Einrichtung einer neuen Buchhaltungsstelle oder eines neuen Personalrates – teure Doppelstrukturen geschaffen, welche die Wirtschaftlichkeit weiter verschlechtern. 

Und überhaupt, wo soll das Personal eigentlich herkommen? Die Verwaltung sagt, die AöR rekrutiere das Personal aus den Reihen der Kernverwaltung und des Eigenbetriebs Immobilien. Auch hier schafft man eine Zweiklassengesellschaft. In der AöR gelten nicht die Beschränkungen des Haushaltsrechts, wodurch Beförderungen in diesem kleinen Bereich auch während der Haushaltssicherung bzw. des Nothaushalts vorgenommen werden können. Dieses wird nicht gerade zur Motivation des verbleibenden Personals beitragen. 

Auf die Problematik des neuen Umsatzsteuerrechtes (§ 2b UStG) zum 01.01.2025 geht die Verwaltung gar nicht ein. Viele Leistungsaustausche zwischen AöR und Stadt könnten umsatzsteuerpflichtig werden, wodurch sich Leistungserbringung unnötig verteuert. Viele Kommunen gehen im Unterschied zur Erftstadt daher den umgekehrten Weg und verkleinern ihr Beteiligungsportfolio und holen Aufgaben in die Kernverwaltung zurück (beispielsweise wurde in Siegburg eine AöR mit ähnlichem Zuschnitt gerade aufgelöst). 

Es sind durch die Neugründung auch zusätzliche externe Mehrkosten beispielsweise durch die notwendige Prüfung der Jahresabschlüsse und der Steuererklärungen zu erwarten. Ganz zu schweigen von den bisher aufgelaufenen Beratungskosten zur Gründung der AöR, welche im Juni bereits mit über 150.000 € von der Verwaltung angegeben wurden. Der zukünftige Verwaltungsrat, wieder ein Gremium mehr mit entsprechenden Kosten, soll übrigens nur nicht öffentlich tagen und auch erst bei Grundstücksgeschäften ab 100.000€ beteiligt werden. Die Öffentlichkeit würde somit noch nicht einmal über die Haushaltsplanung und den Stellenplan der AöR Kenntnis erlangen. Transparenz sieht anders aus. 

Das Argument, dass nur über die AöR die administrativen Kosten des Wiederaufbaustabes über die Mittel des Wiederaufbaufonds abgerechnet werden könnten, ist auch nur vorgeschoben und stellt nun die dritte Wendung der Verwaltung in dieser Frage dar. Bei der Einrichtung des Wiederaufbaustabs, wo es aus heutiger Sicht nur um die Übernahme des CDU-Beigeordneten aus Brühl ging, wurde eine vollständige Kostenübernahme durch das Land behauptet. Als unsere Auffassung bestätigt wurde, dass dieses nicht möglich sei, sollte die vom Kreis gezahlte Fluthilfe von 1,5 Mio. € als Deckung herangezogen werden. Nun soll es auf einmal über die AöR laufen. Was mit der bewilligten Fluthilfe des Kreises im Anschluss geschehen soll, ist uns vollkommen unbekannt. Nur nebenbei erwähnt, auch hier fällt dann Umsatzsteuer an. Auch wenn man sich diese über den Wiederaufbaufond erstatten lassen kann. Einer zahlt am Ende die Zeche, und zwar der Steuerzahler. 

Und wie hat man sich die Auslagerung des administrativen Teils des Wiederaufbaustabes überhaupt vorzustellen? Weisungsrechte von Mitarbeitenden der AöR auf Mitarbeitende der Kernverwaltung sind ausgeschlossen. Heißt das, der Leiter des Wiederaufbaustabes hat zukünftig mit der technischen Abwicklung des Wiederaufbaus nichts zu tun? Und dies bei gleicher Vergütung? Wir befürchten es.

Fazit:

Der SEB ist teuer und intransparent. Er kann nichts leisten, was die Kernverwaltung oder der Eigenbetrieb Immobilien nicht auch leisten könnte. Die Grundstücksübertragungen schädigen den Eigenbetrieb Immobilien und in der Folge das städtische Eigenkapital. Durch Doppelstrukturen werden sowohl mehr Verwaltungsaufwand, als auch höhere Kosten geschaffen. Politische Gremien und Bürgerschaft haben weniger Kontroll- und Mitsprachemöglichkeiten.

von Axel Busch

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Susanne Loosen ist neue Fraktionsvorsitzende der Erftstädter SPD

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