Die Städtepartnerschaftsbewegung gilt als größte Friedensbewegung der Welt. Einen Boom erlebte sie gleich nach den 2. Weltkrieg. Amerikaner, Kanadier und Engländer luden Vertreter:innen aus Deutschland ein, um ihnen zu zeigen, wie kommunale demokratische Verwaltungen funktionieren. Sie ermutigten auch, Städtepartnerschaften innerhalb Europas zu schließen. Man wollte uns Demokratie beibringen und Europas Wunden nach zwei Weltkriegen heilen. Menschen, die einander kennen, werden keinen Krieg gegeneinander führen, so die Idee.
Echte Freundschaften und Frieden in Europa
Dieser Grundgedanke hat gut funktioniert. Wir hatten über viele Jahrzehnte Frieden in Europa. Die Annäherungen und Freundschaften, die besonders durch die Städtepartnerschaften entstanden, haben sehr dazu beitragen. Rückblickend ist es erstaunlich und großmütig, dass insbesondere unsere europäischen Freunde sich auf partnerschaftliche Verbindungen mit dem Land einlassen konnten, das andere so brutal kriegerisch überfallen hatte und das sich an der bestialischen Ermordung von 6 Millionen Juden in Europa schuldig gemacht hat. Dafür können wir nur dankbar sein.
Solidarität mit der von Russland überfallenen Ukraine
Seit dem russischen Überfall auf die Ukraine werden verstärkt Partnerschaften mit ukrainischen Städten geschlossen. Eine Solidaritätserklärung europäischer Städte. Und der Wunsch der Ukraine zur Annäherung an Europa. In Erftstadt haben wir uns dazu entschieden, eine Städtepartnerschaft mit Ternopil einzugehen, weil unsere polnische Partnerstadt Jelenia Góra bereits Partnerstadt von Ternopil ist. Wir wollten Freunde von Freunden werden. Die Partnerschaft besteht seit seit Februar 2023.
Die Partnerschaft mit Ternopil beenden?
Die Stadt Ternopil hat im Jahr 2021 ein Sportstadion nach Roman Shuchevych benannt. Er wird als ukrainischer Unabhängigkeitskämpfer verehrt. Allerdings hat er im Kampf um eine eigenständige Ukraine mit dem „Bataillon Nachtigall“ mit den Nazis kollaboriert und soll für die Ermordung von Polen und Juden mitverantwortlich sein. Das ist ein Vorgang, der unseren Werten absolut widerspricht! Es ist uns auch völlig unverständlich, dass es offensichtlich keine konkrete Prüfung durch die Bürgermeisterin im Vorfeld der Städtepartnerschaft gegeben hat. Nun sind wir aber schon die Städtepartnerschaft eingegangen. Und zwei Mal hat ein sehr erfolgreicher Schüleraustausch bereits stattgefunden. Die Schüler*innen haben bei Erftstädter Familien gewohnt, mit ihnen zusammen geredet, gegessen und Spaß gehabt. Mit anderen Schüler*innen dieser Schule kooperieren auch israelische Schulen. Wäre eine Beendigung der Partnerschaft wirklich der richtige Weg? Das finden wir nicht. Die SPD-Fraktion hat die Zeit genutzt, um Expertisen von Wissenschaftlern einzuholen. Diese bestärken unsere Haltung.
„Wir bewegen uns miteinander – aufeinander zu“
Das war das Motto der Treffen der Schüler:innen. Und diesem Bild der Hoffnung möchten wir folgen. Junge Menschen mit Europafahnen. Zukunft. Wir müssen den Diskurs zu gegebener Zeit suchen. Nach dem Krieg. Im Dialog bleiben. Und wir dürfen dabei nicht vergessen, dass wir das Tätervolk waren. Auch unsere polnische Partnerstadt Jelenia Góra hat die Stadionbenennung kritisiert, ist die Partnerschaft eingegangen. Wenn sie sich nicht abwenden, sollten wir das auch nicht tun. Ein geeintes Europa gelingt nur mit Freundschaften zwischen Bürger:innen. Und mit der Hoffnung auf eine friedliche Zukunft.

von Axel Busch