Liebe Mitbürger:innen,
am 27.02.24 haben Sie – Frau Bürgermeisterin – den Entwurf des Doppelhaushalts 2024/25 eingebracht, der formal voraussichtlich genehmigungsfähig ist. Für diese Rechnung wurden alle Möglichkeiten ausgeschöpft. Von der Erhöhung des sogenannten globalen Minderaufwands bis hin zu noch nicht beschlossenen Gebührenerhöhungen. -Wieder mal! – Dieser finanztechnischen Spielräume mussten Sie sich auch bemühen, weil ansonsten die Stadt Erftstadt in den Nothaushalt käme und die Spielräume für Verwaltung und Politik dann gegen Null tendieren würden. Wer inhaltliche oder strukturelle Änderungen sucht, sucht vergeblich. Neben dem Ausnutzen der rechnerischen Spielräume, zulasten künftiger Generationen, geht auch dieser Haushalt vor allem zulasten des Personals.
Wir beklagen natürlich ebenso wie Sie die wachsenden Aufgaben für Kommunen von Bund und Land, die nicht ausreichend finanziert werden. Wir vermissen allerdings von Ihnen auch starke Worte in Richtung Kreis. Denn er wird sich auch in diesem Jahr mehr Gelder bei uns Kommunen holen, als er tatsächlich braucht. Und es gibt hier Kollegen, die dem im Kreistag zugestimmt haben. Eigentlich nicht zu glauben!
„Wenn Sturm aufkommt, suchen die einen Schutz, die anderen bauen Windmühlen“, haben Sie in Ihrer Haushaltseinbringung zitiert. Aber, wo bauen wir denn Windmühlen? Die Energiegesellschaft haben Sie auf die Schnelle liquidiert. Mitten in der größten Energiekrise. Und an welcher Stelle in der Stadt werden Sie künftige Energiegeschäfte verorten? Diese Frage bleibt unbeantwortet. Und somit wird es sein, wie so oft. Erftstadt verschläft die Chancen!
Apropos Chancen verschlafen: 2020 hat der Rat einstimmig beschlossen, dass wir uns als Modellkommune um Fördermittel für die Digitalisierungsstrategie „Smart Cities“ bewerben. Wir wären bei der Erstellung und Umsetzung der Digitalisierung in der Stadt mit 90% Förderquote vom Bund unterstützt worden. Insgesamt mit bis zu 9 Millionen Euro für Personal, Strategie und Umsetzung. Seither hatten Sie Jahr für Jahr Gründe, das lieber später anzupacken. Und die Ratsmehrheit hat Sie dabei unterstützt. Zwischenzeitlich ist das Thema nicht mal mehr in der Beschlusskontrolle zu finden. Irgendwie abhandengekommen. Aber, macht ja nichts. Die Fördermittel gibt es ohnehin mittlerweile nicht mehr.
Weitere Beispiele, die ebenso Zukunftsthemen sind und auch in diesem Haushalt nicht angepackt werden, sind Klimaschutz, Hochwasserschutz und das Mobilitätskonzept.
Die Zukunft des Eigenbetriebs Immobilien ist auch ungewiss. Sie haben ihm die Geschäftsgrundlage entzogen, indem Sie die Grundstücke in die neue Anstalt öffentlichen Rechts, den SEB, verschoben haben. Die kostenträchtigen maroden Gebäude sind jedoch beim Eigenbetrieb geblieben. Wie zum Beispiel die Sanierung des Schulzentrums Lechenich oder der OGS-Ausbau nun finanziert werden sollen, ist uns ein Rätsel. Vielmehr gehen Sie sogar hin und zapfen Gewinne ab - welche Gewinne eigentlich noch? – in Höhe von 3,6 Millionen Euro jährlich für den Kernhaushalt. Dafür fehlt nun wirklich jede Grundlage.
Der neue Betrieb, den Sie teuer geschaffen haben, ist der SEB, eine Anstalt öffentlichen Rechts, die grundsätzlich nichtöffentlich berät. Unsere Vorbehalte in Sachen Intransparenz haben sich bisher bestätigt. Eine fast komische Auswirkung ist auf der Tagesordnung dieser Sitzung. Die „Geheimsache Post Friesheim“. Nur fast komisch, weil betroffene interessierte Bürger:innen nun nicht mehr über die Stellungnahmen der Verwaltung unterrichtet werden dürfen. Ist ja geheim.
2024 planen wir 13,1 Millionen Euro mehr Ausgaben, als Einnahmen. 2025 planen wir 15,5 Millionen Euro mehr Ausgaben als Einnahmen. Rechnerisch kommen wir auf Fehlbeträge von „nur“ 9,5, beziehungsweise 11,5 Millionen Euro. Die Differenz müssen wir allerdings noch einsparen. Ein Kraftakt würde ich sagen. Wir sind gespannt, ob er zu stemmen ist. Und um welchen Preis.
Die Isolierungen im Haushalt – Corona und Ukraine-Krise - müssen ab 2027 auf 50 Jahre abgestottert werden und belasten den städtischen Haushalt ab 2027 regelmäßig mit gut einer halben Million Euro. Dies ist eine Politik auf den Schultern der zukünftigen Generationen!
Ob dieser Doppelhaushaltaushalt wirklich genehmigungsfähig ist, bleibt abzuwarten. Die alljährliche Frage an die Gestaltungsmehrheit, wie es nur soweit kommen konnte, dass die Stadt Erftstadt finanziell vor dem Abgrund steht, kann ich Ihnen auch in diesem Jahr nicht ersparen. Unsere Gebäude sind marode, Schulen wurden nicht instandgehalten, Bäder nicht, Straßen auch nicht.
Die Schaffung neuer Gewerbegebiete wurden nicht stringent verfolgt. Von der Diskussion um den Barbarahof ganz zu schweigen.
Eins möchte ich noch der derzeit größten Fraktion in diesem Rat mit auf den Weg geben: Liebe Kolleg:innen von der CDU, Sie haben beantragt, den Rat zu verkleinern. Aus Kostengründen. Ich habe an vielen Stellen Verständnis für Sparbemühungen. Aber bitte nicht bei der kommunalen Demokratie! Die Kommunen sind die Basislager der Demokratie. Hier wird ehrenamtlich gearbeitet. Und die Belastung für die Stadtverordneten ist jetzt schon hoch! Hier ist echte Beteiligung möglich für Bürger:innen. „Wir wollen mehr Demokratie wagen. “Willy Brandt. Kommunale Demokratie darf nicht kaputt gespart werden! Gerade in diesen Zeiten nicht!
Es wird Sie nicht überraschen. Aus den zuvor genannten Gründen wie auch begründet durch die Tatsache, dass fast alle unserer Vorschläge zum Haushalt mehrheitlich abgelehnt wurden, wird die SPD-Fraktion dem vorgelegten Haushaltsentwurf nicht zustimmen.
Zum Abschluss möchte ich mich bei allen bedanken, die bei der Erstellung des Haushaltsplanes mitgewirkt haben.
von Susanne Loosen